Donnerstag, 26. Februar 2009

Tipps

Weil ich immer mal wieder nach Tipps gefragt werde, hier ein paar persönliche Gedanken zum Spinnen. Ich betone das „persönlich“, weil Spinnen für mich etwas ist, wobei man Lernwilligen nur wenig Ultimatives raten, sondern lediglich Grundsätzliches zeigen und Ideen liefern kann.
1. Ich finde das Spinnen mit der Handspindel leichter zu erlernen als das Spinnen mit dem Rad. Man kann das Tempo leichter bestimmen, die Fehlerquellen sind geringer, geht etwas schief hat man nicht so viel Gefummel.
2. Historisch korrekt sind für´s Mittelalter eigentlich nur Handspindeln mit Gewichten aus Ton oder Speckstein. Besser für Anfänger geeignet sind allerdings gedrechselte Holzspindeln, bei denen der Wirtel (der dicke Teil, der für den Schwung sorgt ) größer ist. Dadurch läuft die Spindel länger und gleichmäßiger. Die häufig zu sehenden Kreuzspindeln sind nicht historische Darstellungen geeignet, sie stammen meines Wissens aus dem anatolischen Raum.
3. Schwere Spindeln für dicke Garne, leichte Spindeln für dünne Garne und feine Fasern wie Seide. Nur so nebenbei: mittelalterliche Spindeln (bzw. die Spinnwirtel) sind meist recht leicht und kaum zum Spinnen grober Garne geeignet. Das allein zeigt, wie falsch die doch noch häufig anzutreffende Vorstellung vom mittelalterlichen Menschen in grober Klamotte ist.
4. Spinnräder können einem liegen oder nicht. Ich würde aber gerade am Anfang nicht zu schnell die Flinte ins Korn werfen. Spinnen ist – ob nun mit der Fallspindel oder dem Rad – eine Sache des Übens, viele geben da zu früh auf. (Zum Handspinnrad kommt bei Gelegenheit noch ein eigener Beitrag.)
5. DIE Wolle gibt es nicht. Für den Anfang würde ich zu einer Wolle mit mittlerer Stapellänge (als Länge der einzelnen Haare) raten, die nicht allzu glatt ist. Ob die Wolle nun im Kammzug oder im Vlies vorliegt, halte ich für Geschmackssache. Rohwolle, die man erst reinigen oder waschen muss finde ich für den Anfang etwas heftig, da macht man sich das Leben unnötig schwer. Schließlich ist so eine Wolle mit Knötchen und Dreck eine neue potentielle Quelle für Probleme. Glatte Fasern dagegen Flutschen schnell, brauchen aber mehr Drall und eine etwas ausgefeiltere Technik um zu halten Also verschiebt Merino, Alpaka und Co. erstmal nach hinten. Allzu kratzig und störrisch sollte die Wolle aber auch nicht sein. Praktisch finde ich die Probierpakete, die viele Onlineshops anbieten. Das ist eine tolle Möglichkeit, verschiedene Wollen zu testen und die für einen selbst geeignete zu finden. Nach der Aha-Wolle verspinnen sich auch andere viel leichter. Aber: 1 kg Wolle ist mehr, als man meint. Und: Wolle macht süchtig. Da merkt man die enge Verwandtschaft zum Stoff.
6. Ihr lernt besser, wenn ihr was zu gucken habt? Youtube ist euer Freund. Viele talentierte Leute zeigen da, was alles möglich ist. Einfach mal "spinning" oder "spin" und evtl. "wool" ins Suchfeld eintragen. Schriftliche Anleitungen bietet das Internet zu Hauf auch in deutscher Sprache.
7. Auszugstechniken gibt es viele. Teilt kleinere Häppchen der Wolle ab, zieht „trocken“ daran und bekommt ein Gefühl für euer Material. Am Anfang gilt wirklich: was auch immer für euch funktioniert ist richtig. Ein Faserdreieck ist aber wirklich hilfreich. Danach könnt ihr euch noch immer mit dem Langen Auszug (long draw) oder den diversen anderen Techniken beschäftigen und überlegen, ob eure Spinnereien nun dem Stricken, Weben oder eurem künstlerischem Ausdruck dienen sollen.
8. Wollt ihr Zwirnen, dann spinnt immer in eine Richtung (Spindel oder Rad müssen sich dazu immer in die gleiche Richtung drehen) und zwirnt in die entgegengesetzte. Zwirnen hat zum einen den Vorteil, daß die Wolle stabiler wird, kann aber auch für Effekte verwendet werden (siehe Winterwolle). Zudem nimmt es den (oft vorhandenen) überschüssigen Drall wieder aus der Faser, ohne daß man Haspeln muss. Waschen sollte man die Wolle vor dem Weiterverarbeiten trotzdem.
9. Wann muss man Haspeln? Eigentlich nur, wenn man einen einzelnen gesponnenen Faden verwenden möchte (engl. single). Wie geht´s? Die Wolle wird abgewickelt, gespannt und angefeuchtet. Nach dem Trocknen ist der größte Teil des überschüssigen Dralls weg (gegen total überdrehte Wolle hilft das aber nichts!). Eine Haspel braucht man dazu nicht unbedingt. Auch Stuhlbeine und ähnliches können hervorragende Dienste leisten.
10. Ansonsten habe ich einen einzigen ultimativen Tipp: üben, üben, üben. Ganz banal, aber sehr essentiell. Gebt nicht zu früh auf, es ist so ein schönes Hobby.
Und nächsten Winter gebe ich wieder einen Kurs am Bildungszentrum, falls ihr in der Nähe von Nürnberg wohnt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen