Sonntag, 20. Dezember 2015

12-12: Leseknochen sind also Rudeltiere...

Okay, ich gebe zu, allzu kreativ ist es nicht, aber nachdem die letzten Wochen sich primär durch das Fehlen des Autos (das Meisterstück aus Ingolstadt steht jetzt bei einem befreundeten Schrauber, der aber erst nach seiner Leistenbruch-OP morgen den neuen (gebrauchten) Motor einbauen kann; die Diagnose lautet übrigens Pleuellagerschaden - wenn schon, dann machen wir sowas gleich ordentlich) und der Rennerei zwischen verschiedenen Ärzten sowie zweimal wöchentlich Physiotherapie gezeichnet waren, ist die Weihnachtsplanung doch irgendwie ins Hintertreffen geraten.

Folglich habe ich beschlossen, daß Muttern, Stiefvater und Halbschwester Leseknochen bekommen. Weil ich dann gerade so schön in Fahrt war, habe ich noch einen für eine Freundin gemacht, die heute zu Besuch in Nürnberg war. Der für den Stiefvater erwies sich als unkooperativ (der Stoff dehnte sich diagonal zum Fadenlauf um ein erstaunliches Drittel!), also gab es da eine spontane Alternative. Und irgendwie dachte ich mir dann, ich hätte auch gerne einen frischen. Zumindest die letzten beiden sind auch echte 12-12 (12-10 und 12-11 sind Bordenau-Erzeugnisse, die werden demnächst nachgereicht).

Am Ende sah es dann aus, als wollte ich einen Laden mit den Dingern aufmachen und ehrlich gesagt habe ich auch gerade wenig Ambitionen in nächster Zeit noch weitere zu produzieren. ;)
Das Schnittmuster für die praktischen Kleinigkeiten findet ihr hier: https://www.stoffe.de/naehanleitung-leseknochen.html
Für größere Mengen empfehle ich, das Schnittteil zweimal auszudrucken und eine Pappschablone zu bauen, dann geht das alles recht fix. 

  



Mittwoch, 9. Dezember 2015

Bergkirchen 2015

Mal wieder ein nachgeschobener Eintrag. Ausnahmsweise sogar mit gutem Grund, wir erinnern uns an das Ableben eines Audimotors...

Genäht wurden zwei Hoodies.

Recht spontan kam ich an 2m schwarzen Wollgemischs von der lieben Marie, die zum Modell North-Hartley von www.schnittquelle.de verwurschtet wurden.




Im Stoffladen in Wunstorf lief mir ein sehr schöner, braun-petrol gestreifter Sweat zu, aus dem das Modell Calais des selben Herstellers entstand. Man merkt dem Photo leider deutich an, dass der Pulli den Sommer im Schrank verbracht hat...



Dazu gab es noch zwei Gammelhosen nach dem Standardschnitt, einmal in orange-grau-feingeringelt, einmal in lila Paisley. Von beiden erspare ich euch traurige auf-dem-Bügel-runterhäng-Bilder.

Dienstag, 8. Dezember 2015

Wenn einer eine Reise tut...

Eigentlich hätte das hier ein freudiger Post-Bordenau-Post werden sollen, der von 4 neuen Kleiderungsstücken berichtet. War wohl nichts...

Das Wochenende war schön, das anschließende Ausklingen bei Cay feuchtfröhlich und lustig (sorry, Saphy). Gegen 14.45 habe ich gestern die Heimreise angetreten, zwar 10 min in die falsche Richtung losgeschüsselt, sonst aber guter Dinge. Getankt, Hörbuch rein, yeeha. Eine kleine Müdigkeitsphase dazwischen wurde überwunden, die Straßen waren frei, der Wagen, der rollt. Ich hab ihn ganz doll lieb, schließlich haben wir seit letzter Woche wieder für 2 Jahre TÜV.

Kurz vor Kilometer 633,5 der A7, gegen 19.15 gesellt sich zu Stephen Frys Lesung des 2. Harry Potter ein mahlendes Geräusch. Noch während ich verwirrt gucke, geht der Motor aus. Und nicht mehr an. Zum Glück ist nicht viel los, wir rollen dem Standstreifen entgegen. Auch dort tut sich im Motorraum nichts, die Kontrollleuchten wirken unterernährt und schwach, dafür leuchten die Lämpchen für Öldruck und Batterie (letztere 1 Woche alt) durchgehend.
Der Blick auf den Ort des Geschehes ist nicht sehr aufschlußreich. Keilriemen ist noch da, Öl ist da, auch das Kühlwasser sollte sich später als anwesend herausstellen. Kein Dampf, kein Mief, nichts. 
Auf der Haben-Seite: etwa 100m vor mir sehe ich eine Notrufsäule und stapfe darauf zu. (Auf vielfachen Wunsch eines einzelnen Herrn: Ja, ich habe vorher mein Warndreieck aufgestellt. Völlig umsonst, weil es offenbar zeitnah umgeweht wurde.) Im umzulegenden Hebel sitzt eine kleine Spinne. Räumungsklage.
Sachlage geschildert, mir mit dem Mann im organgen Pfosten einig, daß diese alten Audi eigentlich total toll sind. Rechtzeitig denke ich daran , daß ich ja seit August Plus-Mitglied beim ADAC bin. Ich stelle mich auf Wartezeit ein.
"Warten Sie hinter der Leitplanke" finde ich lustig, ist nämlich keine da.
In finsterer Nacht klettere ich also den zugemüllten Hang hoch und rufe erstmal Cay an, um mich auszuheulen.

Immerhin, relativ zügig kommt ein Rückruf vom Abschlepper. Der Mann selbst ist auch recht flott da, ist aber definitiv keiner von der sozial sonderlich kompetenten Sorte. Er nimmt den Audi huckepack, ich kann ihm entlocken, daß es Richtung Fuchsstadt gehen wird.
Durch den Nebel fahren wir also durch die unterfränkische Wallachei zu einer Werkstatt, der Audi mitsamt meinem Krempel drin wird wieder runtergeholt.
Auf den Satz hin "Öh... Ich finde den Öffner für die Motorhaube nicht" vereinen sich bei mir Augenbrauen und Haaransatz. Um dem Mann weitere peinliche Statements zu ersparen, mach ich ihm die Motorhaube gleich ganz auf, bevor er auch noch feststellen muß, daß er die von Audi gut im 2. Ring von rechts versteckte endgültige Entriegelung auch nicht findet.

Erneut stellen wir fest, daß wir kein Problem sehen können.  (Awas...)
Er holt Strom, guckt irritiert auf meine Batterie.
Auf deren rechtem Pol befindet sich ein MacGyverismus. Die neue Batterie hat ihre Pole nämlich nicht da, wo die alte sie hatte, und vor der Wahl "Batterie oder Abdeckhaube" habe ich mich vor einer Woche für die Batterie entschieden. Damit der Pol keinen Kontakt zu irgendwas bekommt, habe ich einen abgeschnittenen Becher darüber gestülpt und mit Duct-Tape befestigt. Humor scheint bei meinem Abschlepper aber gerade aus zu sein. Ich fühle mich für das Thema gerade auch nicht zuständig.
Also Strom angeklemmt. Tatsächlich, das Auto läuft wieder. Wir machen eine Probefahrt. Wenn wir schneller werden, kommen wieder seltsame Geräusche. Der Abschlepper findet den Rückwärtsgang nicht... Eine Diagnose auch nicht.
Zurück auf dem Hof klärt er immerhin den ganzen Krams mit dem ADAC.
"Ihren Personalausweis haben Sie ja sicher dabei."
Ich starre ihn an.
"Mein Personalausweis liegt in Nürnberg auf dem Einwohneramt. Ich hätte einen abgelaufenen vorläufigen im Angebot."
"Ööööööh... Das kriegen wir hin."
Ich unterschreibe irgendetwas, möglicherweise handelt es sich um die Überlassung meinen Erstgeborenen, ich weiß es nicht.

Er entläßt mich dann zu meinem Auto, wo ich auf den Anruf der Herrschaften in Gelb warten soll, die mir einen Ersatzwagen beschaffen wollen. Zur Lektüre habe ich eine Taxi-Nummer und eine Visitenkarte bekommen. Es wird zunehmend schattig.
Gegen 20.30 meldet sich der ADAC, man hätte in der Region kein Clubmobil und habe Hertz auf die Problematik angesetzt, es könne ein wenig dauern.
Inzwischen hüpfen noch andere Kerle auf dem Hof rum, ich wittere meine Chance, meine angespannte Blase zu entleeren. Ein deutlich freundlicherer Mensch als der 1. meint, ich solle doch mit ins Büro kommen und dort warten. Nach ca. 10 min gehen alle, mir wird immerhin freundlich verkündet, ich solle, wenn dann irgendwann das Taxi da ist, doch bitte das Licht ausmachen, die Tür zuziehen und den Autoschlüssel wie abgesprochen in den Briefkasten werfen.
Ich warte also. Und warte. Schreibe ein paar SMS mit Cay. Und warte.

Um 21.42 meldet sich der ADAC wieder. Hertz hat hier auch nichts, man übergibt mich an Europcar. Die würden sich in 20-40 Minuten melden. Ich merke, wie sich meine Freundlichkeit zunehmend in die Karibik absetzt.
Immerhin, nach nicht einmal 10 Minuten klingelt das Handy erneut, Europcar hat für mich ein Auto im ca. 50 km entfernten Würzburg gefunden. Taxikosten würden bis 30 € übernommen. In mir keimt der Verdacht auf, daß die Aktion diesen Betrag deutlich übersteigen könnte. Aber hilft ja nichts. Ich bedanke mich, kündige mein Kommen an.
Die Stimme fragt mich nach Kreditkarte und schließlich auch eher rhetorisch: "Ihren Personalausweis haben Sie ja sicher dabei."
Ich fange an verzweifelt zu lachen.
"Mein Personalausweis liegt in Nürnberg auf dem Einwohneramt. Ich hätte einen abgelaufenen vorläufigen im Angebot."
Europcar zeigt sich verständnisvoll, man würde das klären, wir würden das schon hinkriegen.

Ich wähle die Taxi-Nummer. Keiner geht ran.
Ich warte. Ich wähle erneut die Nummer. Eine freundliche Stimme verkündet, der gewünschte Gesprächsteilnehmer antworte nicht. An dieser Stelle mag der geneigte Leser selbst eine Handvoll farbiger Metaphern über die Szene streuen.
Leicht gereizt rufe ich den ADAC an. Ein nordischer Akzent begrüßt mich, sieht sich nicht zuständig, gibt mir eine Münchner Nummer.
Ich rufe also in München an. Der Herr ist sehr freundlich, erläutert mir nochmal die Taxi-Kosten-Übernahme. Ich weise darauf hin, daß der ADAC nur wenig übernehmen kann, wenn ich kein Taxi kriege.
Nachdem wir geklärt haben, wo ich überhaupt bin, stellt der Mann treffsicher fest: "Sie befinden sich offenbar in einer Region mit unzureichender Infrastruktur."
Ich beiße die Zähne zusammen und entgegne: "Nennen Sie das Kind ruhig beim Namen. Ich bin am Arsch der Welt."
Er lacht und stimmt mir zu. Der Mann ist gut drauf und beschließt, mir selbst ein Taxi zu organisieren, er würde sich wieder melden. Tut er kurz darauf auch und sagt mir als Trostpflaster ausnahmsweise die Taxi-Übernahme bis € 100 zu. Ich bedanke mich.

10 Minuten später sehe ich ein Taxi in Schleichfahrt, packe meine paar Sachen, Licht aus, Tür zu, Begrüßung. .
"Habe Sie keine Gepäcke?!"
"Oooooooooooh doch."
Wir zuckeln zum Audi, er bekommt große Augen. Ich will nichts zurücklassen, wer weiß, wie es weitergeht, davon abgesehen ist der Inhalt gerade mehr wert als das Auto.
Ich erläutere die Rückenproblematik, er läd die schweren Sachen ein, ich die leichten. Immerhin ist mir inzwischen eingefallen, daß mein letzter Fünfer irgendwo im Harz für einen Cappucino und einmal Pipi draufgegangen ist, wir fahren also zu einem Geldautomaten. Inzwischen bin ich so durch, daß ich beinahe das Geld im Automaten zurücklasse.
Auf geht´s nach Würzburg. Immerhin, der Mann ist freundlich, gesprächig. Wir kommen ins Gespräch. Er ist aus Palermo, wo ich vor 20 Jahren mal 5 Wochen bei der Familie einer Freundin verbracht habe, weshalb ich zumindest das Notwendigste verstehe. Daß wir da im August waren, bezeichnet er als schieren Wahnsinn. Er hat Recht.
Er für seinen Teil ist seit 32 Jahren in Deutschland. Zuerst war er in Ansbach, aber irgendein Bekloppter Bekannter will mitten in der Nacht nach Bad Kissingen ins Kasino. Er fährt ihn hin, geht selbst aber lieber spazieren. Der Ort gefällt ihm, er will ihn sich mal bei Tag ansehen, fährt am Wochenende darauf wieder hin. In einem Bistro gefällt ihm die Kellnerin. Ab da fährt er einmal in der Woche nach Bad Kissingen und erobert radebrechend ihr Herz. Sie sind 17 Jahre zusammen glücklich, bis sie am 26. Dezember 2009 einen Autounfall hat. Sie ist sofort tot.
Ich versuche, nicht schon wieder zu heulen.

Wir kommen in Würzburg bei Europcar an. Ich bin für 115 Euro Taxi gefahren, das finde ich respektabel. Er sagt, ich solle einfach reingehen, er läd für mich aus. Ich wünsche ihm alles Gute, wir verabschieden uns herzlich.

Ich trete in die nächtliche Neonwelt des Autovermieters. Immerhin, der Mann hinter dem Tresen hat gute Laune. Das Prozedere geht flott, nur kurz unterbrochen von "Ihren Personalausweis haben Sie ja sicher dabei", worauf ich vermutlich etwas gegrunzt habe, jedenfalls fiel ihm dann ein, daß das Thema bereits geklärt war. Um 23.04 unterschreibe ich wieder etwas. Soll sich doch Europcar mit der Werkstatt um den Erstgeborenenen schlagen.
Er überläßt mir also für die nächsten 4 Tage einen Opel Mokka, der wenigstens gleich neben meinem Gepäckberg steht. Ich erläutere erneut die Rückenproblematik und bitte um Hilfe beim Einladen. Kein Problem, er hoppst mit mir nach draußen. Sein Blick fällt auf den Haufen Krempel, er grinst und meint: "Ah, Sie verreisen also auch mit Ihrer Nähmaschine."
Ich schwanke zwischen verwirrt und veräppelt, bis er erklärt, seine Freundin wäre Schneiderin, er kenne das.
Im Folgenden bestätigt sich, was ich immer vermutet habe: Kompakt-SUVs sehen groß aus, aber drinnen ist nicht sonderlich viel Stauraum. Der Kofferraum ist überfordert, wir verteilen den Krempel also gleichmäßig im Innenraum.
Mit zitternder Stimme frage ich: "Automatik oder Schaltung?"
"Schaltung." Ich seufze erleichtert.
Er geleitet mich nach vorne, öffnet die Fahrertür: "Sie finden alles an gewohnter Stelle."
Ein ganzer Christbaum an Lichtern blinkt mir entgegegen, allein 4 Drehregler grinsen mich an und stellen mich vor die Herausforderung, wie ich die plärrende Musik leiser drehen kann.
Ich verkneife mir den Satz "an gewohnter Stelle hab ich 4 Knöpfe und ein Radio, keine 40 und 2 Bildschirme." Muß ihm ja keine Angst machen.

Das braune Monster und ich schüsseln los, zurück Richtung Autobahn. Im Lauf der Fahrt finde ich diverse Einstellungen, Bayern 1 spielt mir Musik aus den 70ern. Wenigstens was. 
Auf einem Parkplatz will ich noch ein paar Einstellungen suchen. Unnötig zu erwähnen, daß die Ausfahrt von einem LKW versperrt wird... Um mir aus dem Kofferraum eine Flasche Wasser zu holen, brauche ich knapp 5 Minuten, weil ich den Öffner nicht finde.
Weiter Richtung Heimat. Ich finde heraus, daß Bayern 1 um Mitternacht die bayerische, die deutsche sowie die europäische Hymne spielt. Inzwischen bin ich glücklicherweise in der Reichweite des Nürnberger Rocksenders. Metallica mit Enter Sandman führen einen Boxen-Belastungstest durch. Stets reichlich zu schnell rollen wir auf Nürnberg zu.

In der Südstadt gibt es natürlich alles, nur keine Parkplätze. Nachdem ich fast zwei junge Katzen überfahre und wieder reichlich Adrenalin intus habe, kommt auch der Hasensitter, der dankenswerterweise jetzt, um 0.26, zumindest den Klamottenkoffer hochwuchtet. Vor lauter Mitleid schafft er auch die Juki hoch. Ich lade mir einen Schwung leichten Kram auf. Der Mokka steht warnblinkend auf der Straße.
Das kann so nicht bleiben. Ich kurve also 20 Minuten hier durch die Gegend, finde nicht einen einzigen regulären Parkplatz, schlichte den Mietwagen also an die am wenigsten illegale Stelle. Ich finde eine Rückfahrkamera, fühle mich latent reizüberflutet und lasse das Ding da stehen, wo es gerade ist.
Als letzte Amthandlung werfe ich mir mein Wasserkissen über die Schulter und mache mich auf den Heimweg. Aus vorbeifahrenden Autos werden mein Kissen und ich mißtrauisch beäugt. Wenn die meinen Tag gehabt hätten, würden sie auch auf offener Straße mit ihrem Kopfkissen knuddeln...



Epilog:
Eigentlich hätte ich heute von der Werkstatt erfahren sollen, was nun eigentlich los ist. Gestern schwirrten Alptraumszenarios wie "defekte Motorlager" oder "Kurbelwelle" herum, gefolgt von Hilfsangeboten a la "Motortausch".
Ein Anruf ergab lediglich, daß man dort noch nicht dazu gekommen ist, aber morgen solle ich es doch nochmal probieren.
Der ADAC bietet an, ihn mir hierher zu einer Werkstatt zu schleppen. In 5-10 Tagen mit einem Sammeltransporter, der nur Betriebe anfahren kann. Zur Not könne der Mietwagen bis auf max. 7 Tage verlängert werden.
Ich werde einen alten Schrauberfreund anrufen, mal nachfragen, was der für einen Motorwechsel wollen würde. Es entwickelt sich der Verdacht, daß es ruhiger und friedlicher werden könnte, wenn ich ihn in Fuchsstadt tauschen lasse. Wir werden sehen...