Mittwoch, 6. Februar 2008

Unter Schafen

Im Herbst 2006 hat es mich überkommen. Ich war der Meinung, ich müsste Spinnen lernen. Einige Bestellungen später war ich um folgende Erkenntnisse reicher:
1. 1 kg Wolle ist mehr, als man meint
2. das ist leichter, als man immer den Eindruck hat
3. die klassische Anfängerspindel ist mir viel zu schwer
Kurz darauf folgte eine weitere Bestellung, und ich hatte bereits drei Spindeln. Das ganze Projekt lief recht erfolgreich, musste aber abgebrochen werden, weil die Biedermeierei meine Aufmerksamkeit forderte.
Vor einiger Zeit habe ich Spindeln und Wolle wieder hervorgekramt, angeregt durch die Tatsache, daß ich für das Museum in der Kühnertsgasse unter anderem die Textilstube konzipiere. Seitdem hänge ich geistig viel zwischen Schafen und spätmittelalterlicher Kleidung herum. Zur Textilproduktion gäbe es viel zu sagen, um genau zu sein so viel, daß wir beschlossen haben, daraus ein Begleitbüchlein zum Museum zu machen.
Als Folge habe ich jedenfalls die Spinnerei wieder aufgenommen. Die Auswahl an Spindeln wurde durch einige wunderschöne Exemplare von einem Drechsler in England und erste Versuche, authentische Spindeln nachzubauen ergänzt. Somit habe ich für alle Bedürfnisse eine Spindel mit dem richtigen Gewicht. Weiterer Zuwachs ist natürlich nicht ausgeschlossen.
Dazu kommt mein persönliches Bedürfnis, mich mit alten Schafrassen auseinanderzusetzen. Inzwischen habe ich da eine ganz nette Wollsammlung alter Arten wie Soay, Skudde, Manx Loaghtan und Karakul beisammen, aber auch gängigere Arten wie Shetland, Island und moderne Sorten aus aller Welt wollen inzwischen untergebracht werden. Außer den alten liegen mir besonders die englischen Rassen am Herz. Wolle ist nicht gleich Wolle, und ich finde es faszinierend, wie unterschiedlich die einzelnen Rassen in Textur und Verarbeitungsanforderung sind.
Irgendwann wurde mir klar, daß frau nicht nur spinnen kann, sondern sich auch Gedanken darum machen muss, was sie mit der Wolle hinterher anstellen will. Die allererste, noch unregelmäßige Anfängerwolle wurde also zu einem kleinen Schäfchen verarbeitet. Der Körper ist aus neuseeländischer, Beine und Nase aus französischer Wolle. Mäh 1 ist sozusagen der Prototyp und wird noch viel Gesellschaft bekommen.


 Allerdings würde ich bald in kleinen Schafen ersticken, wenn ich aus der ganzen Wolle nur Schäfchen erzeugen würde. Eine wunderschöne Alternative sind Schals und Dreieckstücher. Dafür produziere ich jetzt erstmal dünnes Garn aus neuseeländischer Lammwolle. Die ist leicht zu bekommen, ich finde sie sehr angenehm und ich verspinne sie unglaublich gern; für mein erstes Tuchprojekt möchte ich nicht unbedingt die schwerer zu beschaffenden Wollarten verheizen. Mal sehen, ob ich mich mit der Lochmusterzählerei arg übernommen habe. Erstmal muss noch gesponnen werden.
Desweiteren steht die Anschaffung eines Spinnrades bevor. Bei einem Antiquitätenhändler südlich von Nürnberg gibt es eine enorme Auswahl zu Spottpreisen. Auch hier ist es der technische Vorgang, der mich reizt, und insbesondere die moderneren Rassen hoffe ich damit schneller verarbeiten zu können. Das Spinnen mit der Fallspindel ist zwar medidativ und beruhigend, aber das wachsende Wolllager und die Spinndauer bei dünnem Garn haben nach einigen Berechnungen eine horrende Verarbeitungsdauer ergeben.
Zu den exotischeren Projekten, die da noch kommen werden, gehören das Spinnen mit dem Handspinnrad (zumindest möchte ich es beherrschen, betreiben werde ich es sicher nicht), am mittelalterlichen Spinnen (nicht einfach mit senkrecht nach unten hängender Spindel, sondern diagonal vor dem Körper) arbeite ich bereits. Dafür und für den Flachs, der inzwischen auch hier liegt, brauche ich als nächstes einen Rocken zum Aufbinden der Fasern.
Man hat ja sonst nichts zu tun

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